Anfang der Woche hab ich mir einen Taschenrechner gekauft. Die letzten Jahre musste fuer den Job ‚bc‘ bzw. ‚octave‘ herhalten. Da ich dezeit aber wieder Mathe-Buecher lese, mich fuer die Beispiele nicht immer vor den PC setzen will und der Taschenrechner in meinem Handy nicht weiss was ist bin ich zum Saturn gegangen und hab mir den TI-30XS gekauft.
Allzu viel hat das Geraet ja nicht mit dem TI-30 zu tun den ich noch aus der Schulzeit zu kennen glaube. Am grafikfaehigen Display werden die Formeln so angezeigt wie man sie schreiben wuerde: mit schoenen Bruchstrichen, Exponenten, Wurzeln, ein wirklich netter Formeleditor. Man kann also davon ausgehen, dass die CPU mehr mit der Darstellung als mit der eigentlichen Berechnung der Terme zu tun hat.
Umso aergerlicher ist da, dass der TI-30XS nichts von komplexen Zahlen weiss. Eine kurze Recherche auf der TI homepage hat ergeben, dass man dafuer ein vielfaches des Preises fuer den TI-30XS (der etwa 25,- € kostet) ausgeben muss. Dafuer bekommt man dann aber auch umfangreichere numerische Funktionen, kann Funktionen plotten, usw. Solche Features haette ich ja von einem einfachen Taschenrechner ja auch nicht erwartet – aber das die Wurzel von -1 in einem „DOMAIN ERROR“ resultiert? Da haetten sie der Firmware des Rechners schon etwas mehr zugestehen koennen..
Auch eine atan2 Funktion sucht man vergeblich. Klar kann man das auch haendisch unter zuhilfenahme des „normalen“ atan erledigen. Man kann auch die komplexen zahlen ‚per hand‘ verarbeiten – nur schoen ist das halt nicht. Dafuer hat der Rechner Funktionen fuer einfache Wahrscheinlichkeitsrechnungen, verarbeitung von tabellarischen Daten sowie statistischer Analyse. Da finde ich den fehlenden Support fuer i
ein wenig unverhaeltnismaessig. Zum Beispiel ueber der x^-1
Taste waere auch noch Platz fuer das Symbol gewesen..
Mal sehen – vielleicht wird der naechste Taschenrechner den ich mir kaufe ein HP. Fuer Einkauftipps waere ich dankbar..
Vielleicht wird es aber auch mal Zeit fuer einen freien Taschenrechner. Man koennte ja mal damit anfangen ein GUI-Programm zu schreiben das ein bischen mehr kann als diese laecherlichen Taschenrechner-Programme die bei den Desktop-Environments dabei sind, ohne gleich einen weiteren Matlab-Klon zu schreiben. Die Software dann auf ein kleines embedded System zu portieren sollte ja nicht so schwer sein, wenn das von vornherein im Programmdesign beruecksichtigt wird.
PS: Die Verpackung des TI-30XS verspricht auch „algebraische Funktionen“. Was genau damit gemeint ist habe ich jedoch noch nicht rausgefunden. Die Bedienungsanleitung schweigt sich diesbezueglichg ebenfalls aus.
Was muss ein Taschenrechner können? Teil 2
So leicht gebe ich ja nicht auf. Also habe ich mir nach meiner Enttäuschung mit dem TI-30XS einen CASIO fx-991ES gekauft. Laut CASIO Website sollte dieser all die Features bieten die ich mir von einem 25 Euro Taschenrechner so erwarten wuerde – und noch ein bischen mehr.
Zunaechst: Der TI-30XS sieht einfach besser aus als der CASIO fx0991ES. Das CASIO Design erinnert stark an die 80er und wirkt heute etwas billig. Bevor man den Rechner einschaltet wuerde man kein Matrix-Display sonder 7-Segment Anzeigen erwarten.
Ausserdem fuehlen sich die Tasten beim TI-30XS um einiges besser an als beim fx-991ES.
Bei den Features aber ueberzeugt das Model von CASIO, wenn auch in einigen Bereichen die Realitaet hinter den Erwartungen zurueckbleibt. So kann der CASIO z.Bsp. komplexe Arithmetik. Aber nur solange die komplexen Zahlen nicht in einem Exponenten stehen. Die Eulersche Identitaet kann man mit dem CASIO also auch noch nicht berechnen.
Die Eingabe von Termen ist beim CASIO besser implementiert – so kann man z.Bsp. recht einfach Zeichen einfuegen (beim TI muss man dazu vor jedem Zeichen erneut die ‚Insert‘ Taste druecken) und man kann auch leicht bestehende Teilausdruecke z.bsp. in eine Wurzel einschliessen.
Sehr Schoen: Der CASIO kann Integralrechnungen (mit der Gauss-Kronrod-Method) und Differenziahlrechnungen (mittlere Differenznaeherung) numerisch loesen. Auch binaere oktale und hexadezimale Zahlen versteht der fx-991ES und er hat funktionen fuer boolsche Arithmetik. Ausserdem hat der CASIO besseren Support fuer statistische Analysen, kann einige Standardgleichungen loesen (lineare simultangleichung mit zwei unbekannten, lineare simultangleichung mit drei unbekannten, quadratische gleichung und kubische gleichung) und beherscht Matrixrechnungen. Ich habe keine Funktion gefunden die beim TI-30XS vorhanden waere, die der fx-991ES aber nicht anbietet. Umgekehrt hat CASIO seinem 25 Euro Model einiges gegoennt was Texas Instruments den besseren Modellen vorbehallt. Auch eine atan2 Funktion habe ich gefunden – beim CASIO nennt man sie halt Pol() (umrechnen von kartesische Koordinaten in Polarkoordinaten).
Ein bischen verwirrend: Der CASIO hat unterschiedliche Betriebsmodi in denen jeweils gewisse Features ein, andere dafuer ausgeblendet werden. Natuerlich ist es nicht moeglich zwischen den modi einfach so zu wechseln. Daher ist es z.bsp. nicht moeglich eine komplexe Zahl in binaerschreibweise einzugeben, den komplexe Zahlen gibt es nur im CMPLX Modus und baerzahlen nur im BASE-N Modus. In der Regel wird man diese Einschraenkung aber verkraften koennen.
Wer sich nicht am Design des fx-991ES sowie seinen etwas gewoehnungsbeduerftigen Tasten stoert dem kann ich das Geraet zumindes im vergleich zum TI-30XS sehr empfehlen.
Was muss ein Taschenrechner können? Teil 3
Vor ziemlich genau 2 Jahren habe ich ueber den CASIO fx-991ES geblogged. Bis vor ein paar Tagen war das meiner Meinung nach der empfehlenswerteste wissenschaftliche Rechner in der unteren Preisklasse (unter 30 EUR).
Jetzt bin ich ueber den SHARP EL-W506 (schon um 20,90 EUR bei Amazon gesehen, ich hab ihn aber um ein paar Euronen mehr aus dem offline Einzelhandel) gestolpert und muss sagen: das Graet ist sehr ueberzeugend! Soweit habe ich kein Feature des CASIO fx991ES gefunden das es nicht auch beim SHARP EL-W506 gaebe. In umgekehrter Richtung gibt es aber ein paar Kleinigkeiten und insgesammt ist mir der SHARP in der Bedienung noch etwas sympatischer als der CASIO.
Vom Funktionsumfang sind sich die Rechner sehr aehnlich. Beide koennen nummerisch intergrieren und differenzieren. Beide beinhalten einen newton solver fuer gleichungen und haben einen modus zum loesen linearer systeme mit 2 oder 3 unbekannten sowie quadratischer und kubischer gleichungen. Beide koennen im komplexen (dazu unten noch etwas mehr) mit listen und mit matrizen rechnen und haben funktionen zur statistischen analyse. jedoch finde ich den zugang zu den aufwendigeren oder seltener benutzten funktionen bei SHARP intuitiver und ich habe vor allem den eindruck, dass das display besser genutzt wird. So faellt es beim CASIO beim eingeben von Matrizen schon recht schwer zu erkennen was man da eigentlich gerade tut, waehrend die selbe Aufgbae beim SHARP bei einem etwa gleich grossen Display kein Problem darstellt.
Wenn man weiter ins detail geht findet man auch einige funktionale unterschiede. Z.bsp. kann der SHARP matrizen invertieren. Beim numerischen integrieren und differenzieren kann man beim SHARP die groesse des epsilons angeben. Die Summenfunktion unterstuetzt eine Schrittweite. Beim CASIO sucht man diese features vergeblich. Der SHARP hat einen Funktionskatalog fuer exotischere Funktionen der mich am ersten Blick etwas an die Bedienung von meinem HP50g erinnert. Auch die Liste der Konstanten und die Liste der unit conversions sind beim SHARP in einem menue abrufbar. Bei CASIO muss mann die Nummer der Konstant bzw. der unit conversion kennen (eine Liste gibt es aber auf der innenseite des deckels).
Die Aufwendigeren Funktionen (solver, matrizenrechnungen, etc) haben beim SHARP ein meiner meinung nach ein viel intuitiveres interface. Der SHARP hat mehr Speicher als der CASIO – unter anderem einen Speicher um bis zu 4 haeufig verwendete Terme ablegen zu koennen und 4 speicher (D1 – D4) auf die man haeufig verwendete taschenrechner funktionen (z.bsp. solche die sonst nur ueber menues erreichbar sind) legen kann.
Sehr angenehm finde ich die Art wie beim SHARP mit zahlenbasen ungleich 10 gerechnet und umgewandelt wird. Das geht zwar mit dem CASIO auch alles, ist aber beim SHARP um einiges konfortabler geloest.
Leider ist mein groesster Kritikpunkt am CASIO auch beim SHARP gueltig: er kann nicht mit komplexen Exponenten rechnen. Ich hatte die Hoffnung, dass man zumindest einen geschlossenen Term fuer a^b mit komplexem a und b in einem der formelspeicher ablegen kann. Aber leider gestaltet sich das als etwas aufwendiger, weil die Umwandlung von komplexen Zahlen zwsichen Komponentenschreibweise und Polarkoordinaten und das extrahieren der einzelnen Elemente nur im Ergebnis einer Berechnung moeglich und nicht als Funktion auf eine Variable anwendbar ist. Zwar kann man mit re=(x+conj(x))/2 und im=(x-conj(x))/2 real und imaginaerteil extrahieren und mit abs(x) den betrag, ohne atan2() und ohne fallunterscheidung ist das zufuss berechnen des winkels in der gaussschen zahlenebene aber zu aufwendig um dann einen geschlossenen Ausdruck sinnvoll eingeben zu koennen. Es ist mir nach wie vor ein Raetsel wesshalb die Hersteller von Taschenrechnern zwar einen Newton Solver in ihre Geraete um knappe 20 EUR einbauen, nicht aber die Zerlegung der Berechnung eines komplexen Exponenten implementieren koennen.
Wer sich einen neuen Taschenrechner anschaffen, dabei aber nicht viel Geld ausgeben moechte dem kann ich den SHARP EL-W506 sehr ans Herz legen. Bei mir hat er den CASIO fx-991ES als den Taschenrechner den ich immer dabei habe abgeloest.